Am Bahnhof kam man zusammen und redete. Später fanden die sogenannten „Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter“ in selbstorganisierten Vereinen Treffpunkte. Vereine waren Orte der Begegnung in der Freizeit, eine informelle Börse für Wohnungen und Arbeit, Hilfsnetz in sozialen Problemlagen und Informationsdrehscheibe. Der Verein sorgte dort für Integration, wo sich die staatlichen Stellen nicht um die Arbeitsmigrantinnen und -migranten kümmerten.
Bratstvo, der 1972 gegründete Kultur- und Sportverein, machte mit den erfolgreichen Arbeitersportspielen auf sich aufmerksam. Durch das gemeinsame Auftreten war es auch möglich, von öffentlicher Hand Unterstützung zu bekommen.
Auf politischer Ebene aktiv zu sein, war und ist Menschen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft untersagt. Das heutige Zentrum für Migrantinnen und Migranten in Tirol war eine der ersten Anlaufstellen für Zugewanderte und gab Unterstützung: So auch bei der Kultur- und Informationskarawane „Ararat“ 1989 im Zentrum von Innsbruck. Damit forderte man das Ausländerwahlrecht für Gemeinde- und Landtagswahlen.
Hasan Yilmaz erzählt, dass er als erster Migrant aus der Türkei bei der AK-Wahl 1994 für die Grünen kandidierte – Voraussetzung dafür war seine österreichische Staatsbürgerschaft. In weiterer Folge setzte er sich in seinen zehn Jahren als Kammerrat für die Belange der Migrantinnen und Migranten ein. Von den Anfeindungen aufgrund seiner politischen Tätigkeit können Sie in dem Brief auf dem Tisch lesen.
Mit der Organisation des Integrationsballs in Innsbruck setzte man ab 1999 ein Zeichen für eine menschliche und solidarische Gesellschaft.
Demonstration für Asylrecht von politisch Verfolgten in der Türkei, vor der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Mitte 1980er
Politische Flüchtlinge aus der Türkei, u. a. Mustafa Korkmaz, demonstrierten Mitte der 1980er vor der Arbeiterkammer Tirol, da ihnen dort Pässe abgenommen wurden. Als die Polizei die Identitäten der DemonstrantInnen feststellen wollte kam es zu Festnahmen.
Bei den Wahlen der Arbeiterkammer 1994 kandidierte Hasan Yılmaz für die Grünen. Sein politisches Engagement für MigrantInnen sowie seine türkische Herkunft riefen auch rassistische Reaktionen wie z. B. diesen Brief hervor.
Leihgaben von Hasan Yılmaz
Der jugoslawische Kultur-und Sportverein Bratstvo wurde 1971 in Tirol gegründet. Der Verein diente als erste Anlaufstelle für jugoslawische Staatsangehörige und organisierte regelmäßig Sport-und Kulturveranstaltungen. Das in Holz gerahmte Stickbild mit dem Wappen des Klubs enstand anlässlich des 15-jährigen Vereinsjubiläums und befindet sich noch im Vereinshaus.
Leihgabe von Marić Gostimir/Bratstvo
Erster Sitz des Vereins Bratstvo in Innsbruck am Hutterweg 1a.
Leihgabe von Marić Gostimir/Bratstvo
Fußballmannschaft bei den zweiten Arbeitersportspielen, Innsbruck 1981